Aktuelle Corona-Situation in Witzenhausen

  1. Der Corona-Virus legt seit Wochen die gesamte Republik lahm. Wie sehen die Fallzahlen in Witzenhausen aus?

 

Im Werra-Meißner-Kreis haben wir uns seit Beginn der Krise, im Gegensatz zu anderen Regionen, dazu entschieden, die Zahlen kreisweit zu benennen und nicht für jede Kommune einzeln. Mittlerweile gibt es auch eine Richtlinie des Landes genau so zu verfahren. Als Bürgermeister finde ich – und auch meine Kollegen – das Vorgehen gut.

 

  1. Die Wirtschaft leidet unter den Schließungen, die der Einzelhandel in den vergangenen Wochen vornehmen musste. Gibt es geplante Maßnahmen, um den Geschäftsleuten zu helfen?

 

In Hessen haben die Unternehmen die Möglichkeiten – unter gewissen Voraussetzungen – Soforthilfemittel und Kurzarbeitergeld zu beantragen. Dies war sicherlich schon eine gute Maßnahme und im Sinne der Unternehmer. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft in Eschwege stand und steht den Unternehmen beratend zur Seite und in Witzenhausen hat sich ein tolles Projekt formiert. Das Unternehmen „Konzepd“ hat sich bereit erklärt, einen Online-Marktplatz für die Witzenhäuser Geschäfte zu erstellen. Dies geschah in Windeseile und hat uns Witzenhäuser noch enger zusammengeschweißt. Bisher wurde die Seite sehr gut angenommen und ich wünsche mir, dass sie sich etablieren kann. Wir müssen die Chance nutzen, die uns diese Krise bietet und anfangen wieder lokaler und regionaler zu denken und zu agieren. 

 Seit dem 20.04.2020 dürfen die meisten Geschäfte in Hessen wieder ihre Türen öffnen. Nicht alle und auch nur unter Einhaltung der Abstandsregelungen, der Hygienemaßnahmen und der Begrenzung der Verordnungen des Landes Hessen. Bisher ist dadurch aber wieder eine deutliche Belebung der Innenstadt entstanden. Weitere Branchen werden wohl in den nächsten Wochen folgen, etwa Friseure. 

 

  1. Die Öffnung der Läden bringt neue Aufgaben mit sich. Was halten Sie für die wichtigste Maßnahme in den kommenden Tagen?

 

Die wichtigste Maßnahme für uns als Ordnungsverwaltung ist es zu kontrollieren, dass die Verordnungen des Landes Hessen eingehalten werden und weder Kunden noch Geschäftsleute gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen. Es ist, wie auch in den vergangenen Wochen, eine kurze Eingewöhnungsphase nötig. So wird es auch mit der vom Land beschlossenen Maskentragepflicht sein. Ansonsten sind unsere Mitarbeiter vom Ordnungsamt auch an den Wocheneden und an den Freizeit-Hotspots unterwegs. Sämtliche Freizeiteinrichtungen sind bis auf Weiteres geschlossen und auch dies muss regelmäßig kontrolliert werden. 

 

Wir sprechen dem Großteil der Menschen im Kreis und in Witzenhausen, aber ein großes Lob aus, da sich die meisten an die Verordnungen halten. Auch ich möchte mich in diesem Zuge, im Namen der Stadt Witzenhausen, bei den Bürgern bedanken, die so gewissenhaft mit den Verordnungen umgehen. 

  1. Wie sieht die Versorgung der Corona-Patienten in Witzenhausen aus?

 

Das Klinikum Werra-Meißner, bzw. der Standort Witzenhausen war schon lange vor der Krise, als Pandemiekrankenhaus vorgesehen. So werden in Witzenhausen die Verdachtsfälle – wenn sie Symptome aufweisen – als auch die bestätigten Fälle behandelt. Ansonsten ist auch hier alles über die Verordnungen des Landes Hessen geregelt. Sie besagt, dass sich Verdachtsfälle und bestätigte Fälle in häusliche Quarantäne begeben sollen. 

 Für diese und vornehmlich die Menschen, die den Risikogruppen angehören, oder sich nicht selbst versorgen können, haben sich im ganzen Kreis Nachbarschaftshilfen gebildet. In Witzenhausen ist es die Aktion: „…dich schickt der Himmel“, welche durch die evangelische Kirche und die Stadt Witzenhausen organisiert wurde und bei der viele freiwillige Helfer einen großartigen Job leisten und anderen helfen!

Eine weitere Aktion ist „Helfen statt hamstern“. Hier können Menschen beim Einkauf in den Geschäften „Tegut“, „Aldi“ und „Edeka“, Lebensmittel für bedürftige Menschen erwerben. Diese werden entweder direkt zu den Betroffenen gebracht, oder sie können Mittwochs und Donnertags beim Gastwerk in der Mündener Straße abgeholt werden. Das Projekt hilft im Moment gerade den Menschen, die auf die Zuwendungen der Witzenhäuser Tafeln angewiesen wären. 

Auch hier bedanke ich mich bei allen, die diese Aktionen unterstützen und dabei helfen, anderen Menschen zu unterstützen. Ohne die vielen freiwilligen Helfer und die Unterstützung der verschiedensten Organisationen wäre dies nicht möglich.

 

  1. Witzenhausen lebt als Kirschenstadt auch vom Tourismus. Wie groß werden die Einschnitte durch die Corona-Krise sein?

 

Normalerweise ist es unser Ansinnen, so viele Touristen wie nur möglich hier in Witzenhausen begrüßen zu können. In diesem Jahr, unter diesen Umständen, ist alles auf den Kopf gestellt. Wir haben über alle verfügbaren Medien und Kanäle dazu aufgerufen, dass die Menschen in diesem Jahr nicht die Kirschblüte besuchen kommen sollten. Das schmerzt nicht nur in Bezug auf den Tourismus, sondern stellt alle Branchen in und um Witzenhausen, die mit und von der Kirschblüte leben, vor ein riesiges Dilemma und vor enorme finanzielle Einbußen.

Die Einschnitte werden – so denke ich – letztlich enorm sein. Das werden wir aber erst mit einem gewissen Zeitverzug zu spüren bekommen. Ich hoffe, dass sich die Geschäftsleute und Unternehmen in Witzenhausen davon erholen können, damit wir alle zusammen im nächsten Jahr wieder gemeinsam für unsere Stadt und unsere Region, Werbung machen können. 

 

  1. Viele Menschen arbeiten derzeit nicht mehr vom Büro aus, sondern von zu Hause. Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag seit dem Ausbruch der Krise verändert?

 

Ich denke nicht nur mein Arbeitsalltag, sondern auch der meiner Kollegen hat sich massiv verändert. Alle Präsenzveranstaltungen sind komplett entfallen, keine Bürgersprechstunden mehr auf dem Marktplatz, keine Gremiensitzungen. Im Moment fahren wir, wie alle, auf Sicht und passen unsere Verwaltungen, gerade die Bereiche der Kindertagesstätten, an die jeweils geänderten Verordnungen an. Der Fokus liegt im Moment auf den Ordnungsamtstätigkeiten, auf Absprachen mit den anderen Bürgermeistern, dem Landrat und der örtlichen Polizei. 

Und dennoch geht der Verwaltungsbetrieb unaufhörlich weiter, sodass die Sitzungen mit dem Magistrat und dem Präsidium in Telefonkonferenzen stattfinden. 

Der Krisenmodus unterscheidet sich demnach komplett vom normalen Arbeitsalltag. Gerade wenn man wie ich getrennt lebend ist und die Kinder auch schon wochenweise bei mir waren, ist es von Vorteil, dass vieles aus dem Homeoffice heraus bestens geregelt werden kann. Auch wenn man um die Telefonkonferenzen und andere Absprachen per Telefon, Email usw., nicht herumkommt. Aber es ist alles machbar und ich danke meiner Verwaltung, dass es so hervorragend klappt und wir diese Krisenzeit gemeinsam so gut meistern. 

 

  1. Was glauben Sie, ist die wichtigste Maßnahme um sicher zu stellen, das Witzenhausen nach der Corona-Pandemie weiterhin auf sicheren Beinen steht?

 

Der Gesundheitsschutz ist aus meiner Sicht, die wichtigste Maßnahme. Wenn wir ähnliche Infizierungsraten wie in England oder Amerika hätten, würde es hier sicherlich ganz düster aussehen. Wichtig ist, dass wir alle an einem Strang ziehen, in den Städten und Gemeinden. Dass Bund und Länder die Richtung vorgeben und dabei die Unternehmen und auch die Kommunen nicht alleine lassen mit den finanziellen Herausforderungen. 

Wir alle können aber etwas für unsere heimische Wirtschaft tun, indem wir uns ein Beispiel an der Aktion #witzehausenhältzusammen nehmen. Unterstützen Sie die lokalen Händler, denken und handeln Sie regional und lokal. So kommen wir gemeinsam wieder aus dieser Krise. 

 

 

  1. Halten Sie eine Mundschutz-Pflicht in der Öffentlichkeit für sinnvoll und gibt es Überlegungen diese in Witzenhausen einzuführen? (Anm. d. Red.: Zum Interviewzeitpunkt gab es noch keine Mundschutzpflicht in Hessen)

 

Wir haben das in der täglichen Telefonkonferenz mit dem Landrat und den anderen Bürgermeistern oft thematisiert und wir waren uns einig, dass wir nur gemeinsam vorgehen. Das Land Hessen hat nun die Maskentragepflicht ab dem 27.04.2020 verordnet. Für viele kommt dieser Schritt zu spät, aber immerhin kommt er. Ich persönlich finde ihn sinnvoll und wir haben dies auch für den Bereich der Einsätze der Freiwilligen Feuerwehren angeordnet. Die Feuerwehren sind ein immens wichtiger Bereich zum Schutz der Bevölkerung, bei dem wir nicht leichtfertig agieren dürfen. 

Was wir tun können, um die Menschen um uns herum zu schützen, dass sollten wir auch tun. Dazu bedarf es vieler Einschränkungen in unserem normalen Alltag, aber es dient letztlich dem Ziel, die Infizierungsraten niedrig zu halten. 

Wir haben gemeinsam schon einiges erreicht, aber wir dürfen uns darauf nicht ausruhen. Wir müssen weiter solidarisch zusammenstehen und uns gegenseitig schützen. 

 

 

  1. Sollte es nach den Öffnungen des Einzelhandels wieder erhöhte Infiziertenzahlen geben, wie gehen Sie damit um?

 

Sollte es dazu kommen, dass die Infizierungszahlen nach der Öffnung des Einzelhandels wieder nach oben schnellen, wird man wohl oder übel ohne weitere Einschränkungen nicht umhinkommen. 

In jedem Fall müssten wir als Stadt die Einhaltung der Verordnungen und Maßnahmen dann noch engmaschiger kontrollieren und auf die Einhaltung der Hygienemaßnahmen hinweisen. 

Ich hoffe aber, dass durch die strikten Reglementierungen der Kundenzahlen und der Hygienemaßnahmen, dieser Fall nicht eintreten wird. Die Maskentragepflicht könnte sich dabei ebenso positiv auswirken. 

 

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