Wandersteine sorgen für große Emotionen

meineWelt-Redakteurin von Fund am Göttinger Kiessee überrascht

Obwohl ich den Kiessee in Göttingen drei Mal pro Woche mit schnellem Schritt umrunde, war dieser Tag im Januar des noch so neuen Jahres ein ganz besonderer. Auf der Bank, die ich jedes Mal ungeachtet passiere, lag ein Farbklecks, den ich auf den ersten Blick nicht zuordnen konnte. Ich walkte daran vorbei, doch der Gedanke an das Unbekannte ließ mich innehalten. Ich kehrte um, um zu schauen, was da auf der Bank liegengeblieben war. Es war ein Stein. Ein Stein, bunt und liebevoll bemalt von einer Person, die ich nicht kannte und von der ich auch nicht wusste, weshalb sie diesen Stein so schön in Handarbeit verziert hatte. Ich drehte den Stein um und da stand die „Bedienungsanleitung“ aufgepinselt: Bitte poste mich! Ich nahm den Stein an mich, verstaute ihn in der Jackentasche und ging um den See, ohne die Hand von ihm zu lassen. Gab der Stein mir Wärme? Bildete ich mir das ein? Machte mich dieser Fund wirklich glücklich? Als ich am Computer saß, stieß ich schnell auf die Geschichte der mysteriösen Steinwanderung. Es gibt in vielen Regionen Deutschlands „Steinegruppen“, deren Mitglieder in kreativer Handarbeit Steine bemalen und irgendwo an einem beliebigen Ort aussetzen – und das immer mit dem Ziel, gefunden zu werden. Das Motto dieser Kettenbriefe…pardon… -steine lautet: „Freuen, posten und wieder auf die Reise schicken.“ Diese liebevoll gestalteten Botschaften verbreiten sich rasant schnell. Wer einen Stein findet, wird dazu aufgefordert, ein Bild am Fundort zu machen, in der Facebook-Gruppe zu posten, um anderen Gruppenmitgliedern zu zeigen, dass die Nachricht angekommen ist. Ich trug meinen Stein drei Tage in meiner Jackentasche behütet mit mir, um ihn dann an exponierter Lage direkt in der Göttingen Innenstadt am „Nabel“ auszulegen. Das war ein aufregender Moment. Wer würde ihn finden? Die Antwort kam umgehend. In der Facebook-Gruppe „Dörnbergstones“ wurde der Fund gepostet und der Stein sollte seine Reise noch am selben Tag in den Harz antreten.

Für viele Menschen
ist das Bemalen zu einem
Hobby geworden.
Fotos: Stobbe / Facebook

Ist das nicht schön? Da freuen wir uns über Steine, die uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern, die uns Mut geben und uns animieren, die Motive in die weite Welt weiterzutragen. Wir kennen diese Art der Weitergabe von Kettenbriefen. Aber bei diesen Steinen ist es etwas anderes. Steine sind Natur und somit sind Steine auch Leben. Und diese Motive, die da so kreativ in feinster Handarbeit auf den Steinen aufgetragen werden, müssen einen einfach erfreuen. Wer sich in den unterschiedlichen Facebook-Gruppen („Dörnbergstones“, „Küsten­steine“, „Fehmarn-Stones“, etc.) umschaut, der erkennt schnell, dass die Wandersteine für große Emotionen sorgen. Ein Beispiel aus der Steine-Gruppe bei Facebook wird mir in Erinnerung bleiben. Da postete eine junge Mutter einen gefundenen Stein mit einem Schutzengel mit den Worten: „Mein Sohn möchte den Stein bis zu seiner Operation behalten und ihn dann erst wieder aussetzen. Danke an den Künstler, ich glaube, der Stein macht ihm den Krankenhausaufenthalt etwas leichter“. Ist es nicht wunderbar, dass uns bemalte Steine so viel Glück, Wärme und Freude schenken können?! Als ich meinen Eltern den Stein zeigte und ihnen die Geschichte hinter der Geschichte erzählte, standen meinem 82 Jahre alten Vater die Tränen in den Augen und er sagte: „Die Menschheit zeigt Wärme, sie ist also nicht verloren.“ Daher: Achten Sie auf bunte Steine, erfreuen Sie sich an den Motiven und schicken Sie sie weiter auf eine lange Reise quer durch das Land. Von Britta Stobbe.

Categories: